Das Projekt BrainQSens möchte eine "Neuartige Gehirn-Maschine Schnittstelle basierend auf Quantensensoren" entwickeln. Was ist Ihr Beitrag?
Wickenbrock: Im Projekt BrainQSens forschen wir in Mainz an Sensoren. Derzeit entwickeln wir einen endoskopischen Sensor, der Magnetfelder misst. Ziel des Projektes ist es, einen Sensor zu entwickeln, der es schafft, das schwache Magnetfeld des auditiven Kortex – also am Kopf – nachzuweisen. Es gibt zwar bereits viele unterschiedliche Magnetfeldsensoren, uns geht es aber um das Verhältnis von Sensorgröße und Empfindlichkeit. Die empfindlichsten Magnetfeldsensoren, die man bislang bauen kann, sind entweder SQUIDs (Abkürzung für: superconducting quantum interference device), die sehr aufwendig zu betreiben sind. Oder Magnetometer, die auf Alkali-Gas-Zellen beruhen, mit denen wir hier in Mainz sehr viel Erfahrung haben. Sie messen Magnetfelder bis in Attoteslabereiche. Zum Verständnis: Das Erdmagnetfeld hat ungefähr 50 Mikrotesla, ein Hirnstrom circa ein Picotesla. Also gut 50 Millionen Mal kleiner als das Erdmagnetfeld. In unserem Körper gibt es überall Magnetfelder. Das Herz besitzt im Vergleich zum Beispiel ein sehr großes Magnetfeld. Muskeln entwickeln beim Zusammenziehen ebenfalls Magnetfelder, hier kann man sehr viel messen. Die zu messenden Werte liegen im Bereich von 50 Millionen Mal bis zu 50 Tausend Mal kleiner als das Erdmagnetfeld. Man benötigt deshalb sehr empfindlich Geräte und wenig Hintergrundsignal.
Derzeit kann man schon sehr gut mit Dampfzellenmagnetometern arbeiten. Das ist im Prinzip ein zehn Zentimeter langes Gerät mit einem Kabel, das vorne an der Spitze das Magnetfeld misst. Damit kann man schon recht gut Hirnströme messen. Mit diesen Geräten kommt man auch schon ziemlich nah ans Gehirn ran. Was gut ist, denn Magnetfelder werden kleiner, je weiter die Quelle entfernt ist. Bei der Magnetoenzephalografie gibt der Schädel des Patienten natürlich vor, wie nah das Gerät an das Gehirn heranreicht. Die Größe des Sensors spielt wie gesagt ebenfalls eine Rolle. Da reichen wir mit Gaszellen jetzt schon deutlich dichter heran als mit SQUIDs, aber man ist immer noch etwa einen Zentimeter entfernt von der Hirnoberfläche. Im Projekt BrainQSens wollen wir deshalb ein Endoskop bauen, das einen ganz kleinen Magnetometersensor vorne an der Spitze hat und sehr empfindlich ist. Wir zielen auf eine Empfindlichkeit von einem Pikotesla (10 -12 T). Die Sensoren, die wir hier benutzen, liegen von der Größe her im Submillimeterbereich. Vielleicht 60 Mikrometer im Durchmesser und 200 Mikrometer lang. Das ist im Prinzip der Sensor. Man könnte zum Beispiel mit einem Herzkatheter das Magnetfeld im Herzen messen. Man könnte ihn auch in die Nase oder die Ohren einführen, um näher an Quellen im Kopf zu kommen. Großes Interesse weckt auch die Möglichkeit, bei Operationen das Neuromonitoring zu verbessern. Es sind sehr viele neuartige Anwendungen vorstellbar.
Wie weit sind Sie im Bereich der Miniaturisierung schon gekommen?
Wickenbrock: Für das Endoskop hoffen wir noch in diesem Jahr einen Prototypen präsentieren zu können, bei dem ein Magnetometer auf Stickstofffehlstellenbasis am Ende einer optischen Faser sitzt.
Wie viel Zeit bleibt Ihnen noch für Ihre Forschung?
Wickenbrock: Das Projekt BrainQSens endet im Juli 2020, das MiLiQuant-Projekt läuft Ende Januar 2022 aus.