Ein Verfahren, das sich wegen seiner Benutzerfreundlichkeit bei 3D-Kamerasystemen immer mehr durchsetzt, ist das Laufzeitverfahren (Time-of-Flight, ToF). Dabei können aus der Zeitdifferenz zwischen einem ausgesendeten und dem vom Objekt reflektierten Lichtimpuls genaue Entfernungen bestimmt und somit Bilder mit räumlicher Tiefe produziert werden. Allerdings benötigt die vergleichsweise aufwendige ToF-Sensorik relativ viel Chipfläche, ist somit teuer, und für mögliche Anwendungsfelder mit hohem Integrationsgrad begrenzt. Der Integrationsgrad bezeichnet dabei die absolute Anzahl lichtempfindlicher Sensoren auf einem Mikrochip.
Forschende der Universität Siegen arbeiten in dem neuen Forschungsprojekt "ULTRA-SENSE 3D" an neuartigen, hochpräzisen und leistungsstarken 3D-Kamerasystemen basierend auf der Focus-Induced Photoresponse (FIP). "FIP ist eine recht neuartige Technologie, deren Grundstein durch intensive Forschungsaktivitäten bei uns am ZESS, dem Zentrum für Sensorsysteme der Universität Siegen, gelegt wurde", erklärt Dr. Andreas Bablich, der gemeinsam mit Prof. Dr. Peter Haring Bolívar das Projekt leitet. Die Forschung soll sich nun auf die Leistungspotentiale von 3D-fähigen FIP-Sensoren auf Basis von amorphem Silizium konzentrieren. "Es freut mich, in einem solchen Projekt die enge und befruchtende Zusammenarbeit von Grundlagenforschung und Innovationsimpulsen für die industrielle Umsetzung demonstrieren zu können", konstatiert Prof. Dr. Peter Haring Bolívar. ULTRA-SENSE 3D wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit knapp einer dreiviertel Million Euro für drei Jahre gefördert. Für Dr. Andreas Bablich ist der Erfolg seines Erstantrags ein wichtiger Meilenstein in der Forscherkarriere. Die DFG unterstützt mit ihrer Förderung ausdrücklich den Forschungsnachwuchs.
FIP-Sensoren können weitaus empfindlicher als aktuelle Konzepte hochpräzise Tiefeninformationen über große Distanzen in nur einem Bildpunkt identifizieren. Denn beim FIP-Effekt wird nicht nur die Menge des einfallenden Lichts vom Sensor gemessen, sondern auch die Größe des Lichtflecks, was exakte Messungen von Entfernungen in Echtzeit ermöglicht und das auch dann, wenn das Umgebungslicht nicht besonders gut ist. "Allerdings sind die Auslesegeschwindigkeiten und Empfindlichkeiten aktueller FIP-Detektoren basierend auf organischen oder bleihaltigen Materialien massiv eingeschränkt", erklärt Dr. Andreas Bablich weiter. In dem neuen Ansatz wurden daher in der Siegener Arbeitsgruppe FIP-Sensoren auf Basis amorphen Siliziums (a-Si:H) entwickelt, die aktuell einen, verglichen zum Stand der Technik, um etwa zwei Größenordnungen schnelleren, sensitiveren und steuerbaren FIP-Effekt aufweisen. Das aktive Material, amorphes Silizium, wird dünn und bei niedrigen Temperaturen auf einem Chip aufgebracht. Man spricht im technischen Zusammenhang auch vom Aufwachsen des Siliziums auf der Chipoberfläche. Typische Schichtdicken liegen hierbei im Bereich von 10 Nanometer bis 1.5 Mikrometer, wobei letzteres circa einem Hundertstel Teil des Durchmessers eines menschlichen Haares entspricht. "Die Sensorkonzepte entwickeln, optimieren und charakterisieren wir nicht nur am Lehrstuhl, sondern stellen die Sensoren auch im jetzigen Reinraum der Universität selbst her. Weiterhin werden wir die technologische Umsetzung dieser und weiterer spannender Forschungsthemen im entstehenden INCYTE-Forschungsgebäude am Campus Adolf-Reichwein-Straße weiter vorantreiben und intensivieren."
Die Siegener Wissenschaftler haben neben der Sensorik außerdem ein neuartiges Auslesekonzept konzipiert, so dass Bildraten integrierter 3D-Kameras erheblich gesteigert und Rauscheinflüsse reduziert werden könnten. Dr. Bablich: "Erste Abstandsmessungen wurden bereits erfolgreich durchgeführt und die erzielten Auflösungen im Bereich von etwa 500 Mikrometern zeigen erhebliche Potentiale, das Verfahren der FIP-Detektion deutlich zu verbessern." Ein mögliches zukunftsorientiertes Anwendungsfeld sehen die Forscher bei der hochempfindlichen 3D-Szenenerkennung zum Beispiel in der Sicherheitstechnik oder in industriellen Qualitätskontrollen.
COMPAMED.de; Quelle: Universität Siegen