DNA-Chips nach dem Vorbild des Zellkerns

Stammzellen im menschlichen Körper sind in der Lage, genetische Informationen äußerst zuverlässig und schnell zu verarbeiten. Dabei greifen sie gezielt auf bestimmte Abschnitte der DNA im Zellkern zu. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben untersucht, wie dieser Prozess abläuft und welche Parallelen sich zu modernen Computern ziehen lassen.

In jeder menschlichen Zelle befinden sich etwa 20.000 Gene, verpackt auf einem zwei Meter langen DNA-Faden, der in einem Zellkern von nur rund 10 Mikrometern Platz findet. Trotz dieser Enge schaffen es Stammzellen, in kürzester Zeit die richtigen Gene zu aktivieren. Fehler in diesem Prozess könnten Krankheiten oder Zelltod auslösen.

Die KIT-Forschenden konnten zeigen, dass sogenannte biomolekulare Kondensate eine Schlüsselrolle spielen. „Biomolekulare Kondensate sind winzige Tropfen, die sich ähnlich wie die Tröpfchen am Badezimmerspiegel nach einer heißen Dusche an bestimmten Stellen der DNA bilden und sich dabei wie Öl in Wasser verhalten“, erklärt Professor Lennart Hilbert vom Institut für Biologische und Chemische Systeme (IBCS) des KIT. „Sie enthalten molekulare Maschinen, also eine Ansammlung bestimmter Moleküle, die für das Aktivieren von Genen nötig sind.“

Dieser biologische Vorgang erinnert an die sogenannte Von-Neumann-Architektur moderner Computer. Dort kann sich ein Prozessor mit hoher Geschwindigkeit gezielt an eine Adresse im Arbeitsspeicher wenden. Ein ähnliches Prinzip wollen die Forschenden nutzen, um DNA-basierte Computerchips zu entwickeln. Diese könnten künftig biotechnologische oder biomedizinische Anwendungen steuern.

„Um solche biomolekularen Kondensate, also die Rechenzentren der Zellkerne, nachbilden und künstliche DNA-Nanostrukturen für Computerchips bauen zu können, kombinieren wir klassische Laborexperimente mit modernen Computersimulationen. Mit den digitalen Modellen der DNA-Nanostrukturen können wir das Verhalten der Kondensate nachvollziehen und sogar vorhersagen“, erläutert Mona Wellhäusser, Doktorandin am IBCS.

Die Simulationen zeigen, wie Enzyme wie kleine Maschinen arbeiten und an die richtigen Stellen der DNA gelangen. Kandidaten, die sich im Modell korrekt verhalten, werden anschließend synthetisiert und im Labor überprüft.

DNA-basierte Chips könnten zukünftig wichtige Funktionen in der Medizin übernehmen, etwa in der intelligenten Steuerung von Krebstherapien. Immunzellen könnten so programmiert werden, dass sie aktiv werden, sobald sie auf Tumorzellen treffen. Auch der Corona-mRNA-Impfstoff und neue Gentherapien zeigen bereits heute das Potenzial DNA- und RNA-basierter Technologien.

COMPAMED.de; Quelle: Karlsruher Institut für Technologie