In Laborversuchen erreichte das Team um Chemie-Professor Martin Bertau mit dem innovativen Material eine Filter-Leistung von bis zu 95 Prozent an Perfluorheptansäure (PFHpA). PFHpA ist ein prominenter Vertreter der PFAS und wird bei Umweltanalysen häufig nachgewiesen. "Die sogenannten Organoclays sind für ihre gute Filterwirkung bekannt. Neu untersucht haben wir die Modifizierung des Materials mit Hilfe von organischen Zusätzen, die darauf spezialisiert sind, die PFAS "einzufangen“, erklärt Prof. Martin Bertau.
Wie in einen Kartenstapel können die Chemikerinnen und Chemiker im Labor organische Zusätze zwischen die aufgespalteten Ton-Schichten einbringen. "Die organischen Bestandteile schauen dabei so aus den Ton-Bestandteilen heraus, dass die Kohlenstoff-Atome mit den PFAS wechselwirken können“, veranschaulicht Paul Scapan, der die Tonfilter für seine Doktorarbeit untersucht. "Diese Kohlenstoff-Atome haben die Fähigkeit, sich die PFAS-Moleküle herauszugreifen und zu binden." Der Organoclay mit den gebundenen PFAS kann dann bei mindestens 1.200 Grad verascht werden, wobei die Schadstoffe vollständig zerstört werden.
Doktorand Paul Scapan untersucht nun, welche biologisch gut abbaubaren Moleküle die Greifzangen-Funktion für die verschiedenen PFAS am besten wahrnehmen können. Sind die Zusätze umweltverträglich, kann der veraschte Ton-Filter vollständig wiederverwendet werden. "Das Material eignet sich beispielsweise für eine Weiterverarbeitung zu Geopolymeren als umweltfreundliche Zementalternative“, so Prof. Martin Bertau.
Mit den verschiedenen Zusätzen kann die Filterwirkung der innovativen Organoclays gezielt auf zahlreiche per- und polyfluorierte Alkylverbindungen zugeschnitten werden. "Im Vergleich zu derzeit auf dem Markt verfügbaren Filtern aus Aktivkohle würde sich bei den Organoclays bezogen auf die PFAS-Eliminierungsleistung rund ein Zehntel der Kosten ergeben, so unser aktueller Wissensstand“, berechnet Paul Scapan.
PFAS steht für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen. Bei den industriell hergestellten organischen Verbindungen werden Wasserstoff- durch Fluoratome ersetzt. Das macht sie extrem widerstandsfähig. Mehr als 10.000 feste, flüssige und gasförmige Chemikalien gehören zu den PFAS, wobei einige krebserregend und gesundheitsschädlich sind. Eingesetzt werden sie beispielweise in Imprägnierungsspray, Funktionskleidung, Medizinprodukten oder Anti-Haft-Beschichtungen.
Weltweit werden gefährliche Rückstände von PFAS in der Umwelt nachgewiesen, die sich in Wasser, Böden, Pflanzen und Tieren ansammeln. PFAS finden sich selbst in den Polarregionen - und im Blut von Kindern. Auch mit einem geplanten künftigen Verbot von PFAS in der EU sind diese Stoffe heute schon in die Umwelt gelangt und bauen sich dort nur sehr langsam ab. EU-weit wurden in den vergangenen Jahren bereits die ersten Stoffe der Chemikaliengruppe verboten. In der Diskussion steht nun ein Verbot aller PFAS, das derzeit bei der Europäischen Chemikalienagentur ECHA erarbeitet wird.
COMPAMED.de; Quelle: Technische Universität Bergakademie Freiberg