Das Kieler Unternehmen stellt Mikro- und Dünnschichtkomponenten für die Gesundheitsindustrie – insbesondere als OEM (Original Equipment Manufacturer) - kundenspezifische, medizinische Komponenten (aktive/passive Implantate, aktorische und sensorische Komponenten, Instrumente und Systeme) her. Bereits vor fünf Jahren sprach COMPAMED.de mit dem Experten über Formgedächtnislegierungen und deren Anwendungsmöglichkeiten. Dieses Mal wollten wir wissen, was sich auf dem Gebiet der Smart Materials getan hat.
Herr Siekmeyer, welche Trends und Entwicklungen auf dem Gebiet von Smart Materials – besonders bei Nitinol – gab es in den vergangenen Jahren?
Gerd Siekmeyer: Einerseits haben die Materialhersteller große Anstrengungen unternommen, die Legierungs-Schmelzen zu verbessern. Smart Materials aus Nitinol erfordern eine sehr enge Toleranz, Homogenität und Reinheit der atomaren Legierungsbestandteile. Je präziser dieses Verhältnis und je reiner die Bestandteile, umso reproduzierbarer lässt sich das mechanische Verhalten eines Halbzeuges beziehungsweise Bauteiles daraus einstellen.
Gleichzeitig sorgen neue Schmelzverfahren für geringere Ausscheidungen von Verunreinigungen in den Schmelzen (sogenannte nicht-metallische Einschlüsse).
Es gibt ein größeres Angebot an Halbzeugen (mehr Lieferanten, mehr Produkte). Hier gibt es speziell kleinere und größere Bänder, Drähte, Rohre und Bleche zum Product-Engineering.
Aber auch neue Fertigungstechnologien, wie zum Beispiel das Laser-Lathe- (Präzisions-Drehen und gleichzeitiges Abtragen mit einem Ultrakurzpuls-Laser), Ultrakurzpulslaser- oder Erodier-Verfahren, erlauben die Fertigung von komplexeren, kleineren Bauteilen.
Das alles führte auch zu neuen Anwendungsfeldern von Smart Materials in immer mehr Implantaten und Instrumenten. Waren es früher hauptsächlich reine vaskuläre Stent-Applikationen in denen Smart Materials eingesetzt wurden, finden sich heute Anwendungen in vielen neuen medizintechnischen Produkten: zum Beispiel für die minimal-invasive Schlaganfallbehandlung, die bioelektronische Neurotechnologie oder Elektrophysiologie, katheterbasierte Herzpumpen, Inbody-Sensoriken, ophthalmologische, neurochirurgische oder robotergesteuerte Präzisionsinstrumente oder Wearables.