Wie groß ist ein Reaktor?
Peschke: Unsere aktuellen Prototypen hier im Institut von Prof. Niemeyer sind etwa 7,5 cm x 2,5 cm mit einem Volumen von 150 Mikroliter. Sie sind sehr klein, aber im Prinzip kann man das auf andere Dimensionen übertragen.
Welche Dimensionen würde man für eine industrielle Verwendung benötigen?
Peschke: Es kommt darauf an wie viel von einem Produkt hergestellt werden muss. Es gibt Verfahren, die gezeigt haben, dass man einfach viele dieser Rohre parallel betreiben kann. Also anstelle komplett neuer komplexer Berechnungen eines Prozesses mit einem größeren Reaktor, einfach nur die Anzahl der Mikroreaktoren erhöhen. Man spricht dann von Parallelisierung. Hierzu rechnet man den Prozess linear hoch und erhält so die benötigte Größenordnung.
Rabe: In der Industrie ist die Parallelisierung von Reaktionseinheiten bei rein chemischen Synthesen durchaus üblich. Bisher war es aber nicht möglich, dies auch mit biologischen Katalysatoren zu machen. Weil man sie nicht in eine Form bekam, die es erlaubt, dass sie dauerhaft im Flussreaktor aktiv sind. Mit unserem Verfahren haben wir gezeigt, dass man wochenlang den Reaktor mit Enzymen betreiben kann.
Bedeutet das, die Technik, um Ihr Verfahren zu nutzen, wäre schon vorhanden?
Rabe: Ja, die Technik gibt es und auch das Interesse Enzyme einsetzen zu können.
Peschke: Es gibt in der Industrie mehrere Entwicklungen, die wir hier berücksichtigen, wie zum Beispiel die Mikroreaktionstechnologie. Man konnte in mehreren Verfahren zeigen, dass es besser ist, wenn man einen kleinen Reaktor nimmt und davon viele parallel schaltet. So erhält man kontrolliertere Reaktionsbedingungen, da Mikroreaktoren eine effektivere Wärmeübertragung und einen besseren Stofftransport ermöglichen. Aus diesem Grund werden industriell inzwischen auch einige Verfahren mit Mikroreaktoren durchgeführt. Ein weiterer Gedanke war, dass für die Herstellung von Spezialchemikalien, die nicht im Tonnenmaßstab hergestellt werden müssen, keine großen Fabrikanlagen benötigt werden. Man kann über transportierbare Fabriken nachdenken, also zum Beispiel in einem Container. Dort wären dann mehrere Reaktoren verschaltet und man kann den Container dort aufstellen, an dem der Stoff benötigt wird. Man produziert also vor Ort und geht weg von riesigen Anlagen an einem Standort, von denen aus man die ganze Welt beliefert.
Rabe: Chemikalien, die man im Tonnenmaßstab herstellt, werden in solchen Reaktoren auch in der nahen Zukunft nicht hergestellt werden können. Da ist Erdöl leider nach wie vor konkurrenzlos. Aber für Kunststoffbausteine, Medikamente oder Kosmetika, die mehrere Reaktionsschritte benötigen oder die eine recht aufwändige Synthese haben, für die eignet sich das Verfahren. Man gibt sozusagen vorne das Ausgangsmaterial rein, es finden Prozesse in den nacheinander geschalteten Reaktoren statt und am Ende erhält man das gewünschte Produkt.