Kaum eine Branche von Wirtschaft und Industrie kommt heute ohne den dreidimensionalen (3D) Druck aus. "Aber es gibt noch deutliche Hemmnisse. Die Qualität der gedruckten Bauteile und die Reproduzierbarkeit des Druckprozesses sind noch nicht da, wo sie sein sollten", sagt Erik Westphal. Der 32-jährige Maschinenbau-Ingenieur forscht derzeit am Lehrstuhl für Mikrofluidik der Universität Rostock bei Professor Hermann Seitz nach Möglichkeiten, diese Zukunftstechnik auf einen sicheren Stand zu bringen und hat dabei schon beachtliche Erfolge erzielt.
Dazu nutzt er das so genannte Machine Learning (ML), ein Teilbereich der KI. "Perfekt ist die KI in diesem Bereich noch nicht. Noch müssen wir die Computer für unsere Zwecke trainieren." Denn KI heißt eigentlich, dass der PC ähnlich intelligent ist wie ein Mensch. "Aber das gibt es noch nicht."
Beim 3D-Druck wird ein Werkstück beispielsweise mittels des FDM-Verfahrens (Fused Deposition Modeling; englisch für Schmelzschichtung) schichtweise aus einem schmelzfähigen Material (in der Regel Kunststoff) aufgebaut. Ein pulverförmiger Ausgangsstoff wird schichtweise mit einem Laser zunächst entsprechend der gewünschten Bauteilform angeschmolzen beziehungsweise versintert und dann in Form gebracht. Anschließend wird eine neue Schicht Pulver aufgetragen und der Prozess wiederholt. So entstehen bei diesem "selektiven Laser-Sintern" aus bis zu Tausenden Schichten neue 3D-Bauteile.
Bei dem von Westphal entwickelten Qualitätssicherungsverfahren, zu dem er bereits 2019 die erste Idee hatte, wird der Druckvorgang von mehreren Kameras genau beobachtet, per Video und Bild dokumentiert und direkt von einem ML-Algorithmus ausgewertet. "Auf jedem Bild ist die Schicht zu erkennen, die gerade bearbeitet wird. Defekte oder Verunreinigungen werden durch den Algorithmus sofort erkannt." Aus riesigen Datenmengen sucht der von Westphal entwickelte Algorithmus nach Mustern, die ein Mensch so nicht direkt sehen oder finden könnte – etwa ob in der aktuellen Bauteilschicht ein Fehler vorliegt, wo er sich befindet und welche Auswirkungen er auf den weiteren Druckverlauf hat. "Ziel ist es, mit diesen Mustern automatisch menschliche Entscheidungen herbeizuführen."
"Dieses Verfahren ermöglicht es, den Fertigungsprozess stabiler zu machen", sagt Westphal. Denn bislang konnten die Fehler gar nicht oder wenn, dann erst nach dem Druckprozess erkannt werden. "Nun kann man während des laufenden Druckprozesses entscheiden, die Druckeinstellungen zu optimieren oder den Druck bei zu gravierenden Fehlern abzubrechen." Somit kann Zeit und Geld eingespart werden – eine für Wirtschaft und Industrie verlockende Aussicht. Zudem erhält man nebenbei durch die bildliche Datenerfassung auch ein detailliertes Monitoring des gesamten 3D-Druckprozesses.
Der 3D-Druck wird beispielsweise in der Luft- und Raumfahrt oder der Medizintechnik angewendet und ermöglicht insbesondere neue Design-Freiheiten sowie Individualisierungsmöglichkeiten. "Im Maschinenbau ist er sehr stark im Kommen", sagt Westphal. Auch in der Pharmakologie oder gar im Lebensmittelbereich findet die neue Technologie ihre Anwendung. Dies macht deutlich, dass hier ein Multi-Milliarden-Markt heranwächst. Die Frage der Qualitätskontrolle ist deshalb von erheblicher Bedeutung.
COMPAMED.de; Quelle: Universität Rostock