Sammelt der Wundverband kontinuierlich Daten und leitet diese weiter?
Haas: Er sendet permanent Daten, die dann auch permanent von der KI verarbeitet werden. Es gibt ein Speichermedium am Verband und dort werden die Daten gespeichert und übertragen. Ausgelesen werden sollen die Daten dann über eine App.
Die Pflegenden müssen also eine App benutzen, um Informationen zum Zustand der Wunde zu erhalten?
Haas: Ja, das hat technische Gründe. Wir haben uns entschieden, dass wir nicht dauerhaft senden lassen, sondern die Daten speichern. Aber wir wollen auch ermöglichen, dass die Patienten Daten übertragen können. Hierfür ist eine App ideal. Und es ist ein wesentlicher Teil unserer KI-Architektur. Denn momentan ist es ja so: Wenn jemand eine Wunde hat, zum Beispiel nach einer Operation im Krankenhaus, dann gibt es derzeit circa drei Messpunkte für diese Wunde. Nämlich immer dann, wenn der Verband gewechselt wird.
Dann erfolgt eine Begutachtung der Wunde, um zu sehen, ob die Wundheilung gut oder schlecht verläuft. Anschließend wird die Wunde wieder verbunden und die nächste Information zum Wundverlauf erfolgt beim nächsten Verbandswechsel. Der intelligente Wundverband zeichnet jedoch nicht nur an drei Punkten Daten auf, sondern misst die Temperatur und die Feuchtigkeit während des ganzen Verlaufs der Wundheilung. Somit generieren wir bis zu 30.000 Messpunkte und können feststellen, wie die Heilung verläuft und ob sie gut verläuft. Hierfür sammeln wir Parameter über die Korrelation zwischen Wundheilung und Dauer sowie Temperatur und Feuchtigkeit. Denn wenn die Parameter nicht mehr zueinander passen, soll es einen Alarm geben: Achtung, die Wunde muss in Augenschein genommen werden! Der Sensor im Wundverband ist damit die erste Datenquelle.
Wir wollen jedoch auch die Patientinnen und Patienten mit einbeziehen. Auch hierfür eignet sich die geplante App. Denn wir wollen weitere Messpunkte erzeugen, indem die Patientinnen und Patienten die Datenübertragung zusätzlich anschieben. Per App können sie den Wundverlauf dokumentieren, indem sie zum Beispiel Schmerzen oder Spannungsgefühle angeben. Die anderen Daten, also Feuchtigkeit und Temperatur, könnten dann in Relation dazu gesetzt werden. All das war Teil unserer Modellierung, allerdings noch nicht der konkreten Umsetzung.
Eine weitere Informationsquelle wäre darüber hinaus die Rückmeldung vom medizinischen Fachpersonal. Denn wenn sich eine Wunde entzündet, ist auch die Frage: Welche Behandlung leite ich ein? Wechsle ich nur den Verband? Verabreiche ich Antibiotika? Diese Interventionen, wenn es zu einer Störung kommt, wollen wir miterfassen, um daraus zu lernen, welche Behandlung mit der höchsten Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führt. Das ist so im Groben die KI, die Architektur, die wir entwickelt haben. Wir nutzen unterschiedlichen Quellen, um daraus Schlüsse zu ziehen und letztendlich das medizinische Personal zu unterstützen.