Ein weiterer interessanter Anspruch an die Bionik ist die Adaptivität. Prof. Dr. Arnim von Gleich, Leiter des Fachgebiets Technikgestaltung und Technologieentwicklung an der Universität Bremen, abstrahiert dazu Darwins Aussage "Survival of the fittest": "Unsere derzeitigen technischen Lösungen sind meist auf hoch definierte Randbedingungen ausgelegt. Ändern sich die Randbedingungen, versagen die technischen Lösungen." 1
Dass Produkte auch auf mehreren Gebieten anwendbar sein können, zeigt ein zweites Beispiel aus der Bionik. Forscher des Fraunhofer Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) wollten folgendes Problem lösen: Wird heutzutage eine Hüftprothese implantiert, muss der zuständige Chirurg ein dreieckiges Loch in den Knochen des Patienten bohren – ein aufwändiges und anstrengendes Verfahren. Betrachtet man nun die Natur genauer, so sieht man, dass die Holzwespe genau das auch macht, um ihre Eier abzulegen. Nur fällt es ihr eben sehr viel leichter.
In Anlehnung an die Holzwespe erfanden die Forscher des Fraunhofer IPA einen Bohrer. Er funktioniert nach dem rotationsfreien Pendelhubprinzip und kann neben runden auch Löcher mit drei- oder mehreckigem Querschnitt bohren. Bei der Wespe funktioniert das wie folgt: Ihr Legestachel besteht aus drei Raspeln, die sie unabhängig voneinander bewegen kann. Eine dieser Raspeln hält sich am Material fest, während die anderen Material abtragen.
Der bionische Sirex-Bohrer gewann 2017 zahlreiche Preise. Auf die mehrdimensionale Optimierung bezogen wurde der Bohrer zwar für den OP erfunden, kann aber in seiner Wirkungsweise beispielsweise auch bei Handwerker-Arbeiten zum Einsatz kommen. Ganz abstrakt ist auch der Gedanke nicht, den Bohrer bei Arbeiten im Weltall einzusetzen – hier bräuchte ein normaler Bohrer einen Anpressdruck, der in der Schwerelosigkeit aber nicht existiert. Der neue Bohrer hält sich mit seiner dritten Raspel einfach an dem zu bohrenden Material fest.