Herr Boxberger, Sie arbeiten an einer Fingerorthese, die im 2,5D-Druckverfahren hergestellt wird und vorgefertigte Standardorthesen vielleicht mal ersetzen soll. Was ist besonders am 2,5D-Druck, den Sie verwenden?
Lukas Boxberger: Der Ausdruck "2,5D" bezieht sich nicht auf das Druckverfahren, sondern dient der Veranschaulichung des Themas. Tatsächlich verwenden wir einen herkömmlichen 3D-Drucker, um die Orthese zu fertigen. Wir drucken bei der Orthese jedoch nur wenige Millimeter in die Höhe. Das heißt, wir produzieren keine komplexe Form, sondern einen Streifen. In diesen werden dann die Drähte mit eingebracht. Hierfür haben wir am Fraunhofer IWU einen speziellen Druckkopf entwickelt. Mit diesem Verfahren können wir Orthesen in verschiedenen Größen herstellen, für den Finger, aber ebenso für einen Arm oder einen Fuß. Der Vorteil besteht in der späteren Verformbarkeit des Kunststoffs.
Wie wird der Kunststoff erwärmt?
Boxberger: Der Kunststoff wird über den integrierten Draht durch elektrischen Strom erwärmt. Über die Wärme des Drahts erreicht der Kunststoff die erforderliche Temperatur, um ihn zu verformen. Man knetet den Kunststoff ein wenig und kann ihn so in die gewünschte Form bringen.
Unser Druckkopf erlaubt es uns, Drähte während des Druckprozesses in den Kunststoff zu integrieren. Wir können sowohl das Polymer als auch den Draht variieren. Je nachdem, welche elektrische Funktion gewünscht ist.
Wie warm wird der Kunststoff?
Boxberger: Bei unseren ersten Prototypen aktuell noch 60°C. Wir erarbeiten allerdings gerade eine Lösung, welche bereits bei 35 Grad Celsius formbar wird. Es ist davon abhängig, welchen Kunststoff man wählt. Die Verformbarkeit ist auch sehr schnell erreicht, man erwärmt die Fingerorthese circa 30 Sekunden. Dann kann man sie verformen und nach circa 30 Sekunden ist sie wieder fest. Man kann die Orthese während der Behandlung also schnell nachjustieren, falls zum Beispiel ein anderer Winkel für den Finger gewünscht wird. Ich kann mir vorstellen, dass diese Technik auch für die Skoliose-Therapie einsetzbar ist, wenn man an das hierfür zu tragende Korsett denkt. Dies schnell neu anpassen zu können, wäre sicher ein Vorteil.
In der Weiterentwicklung wäre es auch wünschenswert, wenn eine solche Orthese bei mehr als nur einer Patientin oder einem Patienten verwendet werden könnte. Derzeit haben wir Sterilisationsprozesse nicht in die Materialauswahl mit einbezogen, aber es wäre interessant, in diese Richtung zu forschen.