Erreicht das Gas jede Stelle des Gerüstes?Neubert: Das Gas dringt relativ tief in die poröse Gerüststruktur ein. Es hängt davon ab, welche Präkursoren wir einsetzen. Wir haben hierzu verschiedene Untersuchungen gemacht. Es gibt unterschiedliche Eindringtiefen, das hängt auch von den Dampfdrücken der Präkursoren ab. Unser Ansatz realisiert eine Hybridtechnologie, bei der wir einen sehr kleinen (mit unserem italienischen Partner Nadir Srl entwickelten) Plasma-Jet verwenden, den wir in einen 3D-Drucker integriert haben. Wir beschichten in unserem Hybridprozess nicht abschließend die fertige Gerüststruktur, sondern beschichten bereits während des Druckprozesses. Es werden immer ein oder mehrere Lagen gedruckt und dann fährt der Plasma-Jet über das Bauteil. Dann wird wieder gedruckt und so weiter. So stellen wir sicher, dass wir die gesamte Gerüststruktur behandeln.
Woher haben Sie den Prototypen? Neubert: Unser System baut auf einer bestehenden Plattform eines Projektpartners (
GeSiM – Gesellschaft für Silizium-Mikrosysteme mbH) auf. Dieses System wurde genutzt, um einerseits einen 3D-Drucker herzustellen und andererseits den Plasma-Jet zu integrieren, sodass diese beiden Prozesse quasi gleichzeitig in einem einzigen Gerät laufen können.
Wie lange dauert die Herstellung eines Implantates?Neubert: Dadurch, dass wir beide Systeme in einer Maschine zusammenfassen, rechnen wir mit einer produktionstechnischen Vereinfachung und somit dem Potenzial kosten einzusparen. Wir können das noch nicht quantifizieren, dafür ist das Projekt noch nicht weit genug fortgeschritten, aber das ist die Grundidee. Für Patienten ist es generell kein zusätzlicher Zeitfaktor. Der Druckprozess dauert nur einige Stunden. Die Planung einer OP dürfte schon wesentlich länger dauern.
Können herkömmliche 3D-Drucker ebenfalls mit einem Plasma-Jet umgerüstet werden?Neubert: Mit herkömmlichen Geräten aus dem Baumarkt wird es sicherlich nicht gehen. Wir verwenden zum Drucken Polymergranulat, wodurch wir einen speziellen Granulatextruder benötigen, der hierfür entwickelt wurde.
Wie sehen ihre nächsten Schritte aus, um die Attraktivität des Implantates für Knochenzellen nachzuweisen?Neubert: Es gibt bereits In-vitro-Tests bei Projektpartnern, in denen die beschichten Scaffoldstrukturen mit Osteoblasten besiedelt wurden. Diese Tests verliefen positiv. Neben diesen Versuchen sind des Weiteren auch Tierversuche geplant, in denen die Implantate überprüft werden. Wir am Fraunhofer IST werden schließlich den Druckerprototypen weiter stabilisieren. Das heißt, ihn so einsatzfähig zu machen, dass er mit nur geringem Einführungsaufwand von verschiedenen Personen betrieben werden kann. Das wird bis Ende November 2019 geschehen. Natürlich hoffen wir anschließend neue Projektpartner zu gewinnen, um die Technologie weiter zur Marktreife zu entwickeln und später auch klinische Studien durchzuführen.