Sie haben mit dem Material als ersten Schritt ein Gehäuse für Computermäuse fertiggestellt. Nun testen Sie die Leiterplatten. Wenn es Ihnen gelingt, das Material nach Ihren Wünschen zu gestalten, hätten Sie dann eine nachhaltige Alternative zu Kunststoff?
Geiger: Ja, allerdings mit einem 'Aber'. Die Industrie hat, wenn sie Kunststoffe verarbeitet, immer Möglichkeiten, sehr schnell große Volumen herzustellen. Und da Cellulose kein Thermoplast ist, sondern wir über dieses Entwässerungssystem gehen oder mit Bindemittel und Klebern arbeiten müssen, dauert die Herstellung eine gewisse Zeit. Darüber hinaus sind wir nicht unbegrenzt frei in der Formgebung. Wenn man sich das Gehäuse einer Computermaus im Inneren anschaut, dann sieht man viele Stege und Zusatzeinbauten. Die kann man mit der Cellulose im Moment so nicht nachformen. Man müsste erst alles Re-Designen. Deshalb schaut man in der Industrie eher nach thermoplastischen Bio-Polymeren, die man direkt in den vorhandenen Maschinen verarbeiten kann. Es ist somit schwierig, die Industrie davon zu überzeugen, unser Verfahren auszuprobieren. Auch wenn wir nachhaltige geschlossene Kreisläufe anbieten können und alles CO2-neutral gestalten.
Bestimmte Kunststoffe wie PFAS sollen demnächst verboten werden. Wäre dies vielleicht der Moment zu sagen: Hier, wir haben etwas, was nicht umweltschädlich ist?
Geiger: Auf jeden Fall. Es braucht natürlich jemanden, der den Mut hat, den ersten Schritt zu tun. Ich könnte mir gut vorstellen, dass unser Verfahren zum Beispiel sehr gut für Produkte geeignet ist, die wenig Luftfeuchtigkeit ausgesetzt sind. Büroprodukte wie zum Beispiel unsere Computermaus oder ähnliches.
Die COMPAMED beschäftigt sich mit Medizintechnik und den Produkten der Zulieferer für die Medizintechnik. Welche Einsatzmöglichkeiten sehen Sie hier für das Material?
Geiger: Ich denke zunächst ist der Packaging-Bereich für unser Verfahren interessant. Es gibt hier viele Verwendungen für Papier und Pappe.
Wie sieht es denn zum Beispiel mit 3D gedruckten Produkten aus? Könne die Cellulosenanofabrillen auch hier eingesetzt werden?
Geiger: Das geht, aber man muss auf eine wässrige Suspension übergehen. Die kann man so hoch konzentrieren, dass sie pastenartig wird. Damit kann man in 3D drucken. Das machen wir hier auch in unserer Abteilung. Man könnte auch überlegen lebende Zellen zu implementieren oder Additive wie Enzyme. Dann würde man einen 3D-Körper drucken, ihn trocknen und anschließend nutzen. Darüber hinaus könnte man für die Medizintechnik Hydrogele 3D-drucken. Das haben wir hier bereits ausprobiert. Das Verfahren ist interessant für die Wundversorgung und Knochenersatz und ähnliches. Ein Forschungsteam an der ETH Zürich hat zum Beispiel ein komplettes Rohr aus Cellulose gedruckt. Da kann man sich etwa überlegen – wenn man entsprechende Zellen animiert, dort entlangzuwachsen, sodass sie die gleiche Form übernehmen –, Organersatz zu züchten. Hier steht man jedoch noch am Anfang.
Das hört sich sehr spannend an. Wo stehen Sie denn derzeit im Projekt?
Geiger: Das Projekt wurde im Oktober 2022 richtig begonnen und wir haben bereits die ersten Proben praktisch hergestellt. Auf diese Platten konnten unsere Projektpartner aus Hypelignum bereits drucken. Es gibt somit bereits erste Demonstratoren, mit denen wir das Prinzip aufzeigen können. Jetzt erfolgt der nächste Schritt, der Schutz der Platine gegen Luftfeuchtigkeit. Und wir müssen noch viel testen, damit die Kompatibilität der Tinten, die drauf gedruckt werden, funktioniert. Im Projekt ist ausformuliert, dass wir Technologien verwenden, um Multi-Schichten-Platinen mit 3D-Druck zu applizieren.