In dieser Arbeit zeigt das Forscher-Team um Prof. Karl Leo, Dr. Hans Kleemann und Matteo Cucchi einen Ansatz für die Echtzeit-Klassifikation von gesunden und krankhaften Biosignalen basierend auf einem biokompatiblen KI-Chip. Dafür verwendeten sie polymer-basierte Faser-Netzwerke, die dem menschlichen Gehirn strukturell ähneln und das neuromorphe KI-Prinzip des Reservoir-Computings ermöglichen. Die zufällige Anordnung der Polymer-Fasern bildet ein sogenannten "Recurrent Network", welches ihm erlaubt, Daten analog dem menschlichen Gehirn zu verarbeiten. Die Nichtlinearität dieser Netzwerke ermöglicht vor allem die Verstärkung bereits kleinster Signaländerungen, die – z.B. im Falle des Herzschlages – oft nur schwer von Ärzten bewertet werden können. Durch die nichtlinearen Transformation mit Hilfe des Polymer-Netzwerkes ist dies jedoch problemlos möglich.
In Versuchen konnte die KI gesunde Herzschläge von drei häufig auftretenden Rhythmusstörungen mit einer Genauigkeit von 88% unterscheiden. Dabei verbrauchte das Polymer-Netzwerk weniger Energie als ein Herzschrittmacher. Die Nutzungsmöglichkeiten für implantierbare KI-Systemen sind vielfältig: So könnten damit z.B. Herzrhythmusstörungen oder Komplikationen nach Operationen überwacht und via Smartphone an Ärzte und Patienten gemeldet und schnelle medizinische Hilfe ermöglicht werden.
"Die Vision, moderne Elektronik mit der Biologie zu kombinieren, ist in den letzten Jahren durch die Entwicklung sogenannter organischer Mischleiter ein großer Stück vorangekommen", erklärt Matteo Cucchi, Doktorand und Erstautor der Veröffentlichung. "Bisher waren die Erfolge jedoch auf einfache elektronische Komponenten wie einzelne Synapsen oder Sensoren beschränkt. Das Lösen komplexer Aufgaben war bisher nicht möglich. In unserer Arbeit haben wir nun einen entscheidenden Schritt zur Verwirklichung dieser Vision getan. Durch die Nutzung von Prinzipien des neuromorphen Rechnens, wie z.B. das hier genutzte Reservoir-Computing, ist es uns gelungen, komplexe Klassifizierungsaufgaben in Echtzeit und potenziell auch innerhalb des menschlichen Körpers zu lösen. Mit diesem Ansatz wird es möglich, in Zukunft weitere intelligente Systeme zu entwickeln, die helfen können, Menschenleben zu retten."
COMPAMED.de; Quelle: TU Dresden