"Die grundlegende Idee von ARTEMIS ist, Computern beizubringen, die entscheidenden Parameter zum Design neuartiger Materialien zu finden", so Prof. Alessio Gagliardi, einer der beiden Koordinierenden des Netzwerks und Professor für "Simulation of Nanosystems for Energy Conversion" an der Technischen Universität München (TUM).
Die Forschenden wollen in ihrem Projekt das breite Feld an Anwendungen für supramolekulare Materialien aufzeigen. Deshalb haben sie zwei unterschiedliche Bereiche ausgewählt, um ihre Methoden anzuwenden: erstens die Medizintechnik am Beispiel der Implantat-Beschichtung und zweitens die Energieerzeugung am Beispiel der elektrokatalytischen Spaltung von Wasser zur Wasserstoff-Produktion.
Eines der größten Probleme bei medizinischen Implantaten ist, dass sich Bakterien auf der Oberfläche ansiedeln und Infektionen verursachen können. Eine mögliche Lösung sind neuartige Beschichtungs-Materialien, die entweder durch aktive Wirkstoffabgabe Bakterien fernhalten oder eine bakterienabweisende Oberfläche besitzen. Aufgrund ihrer Eigenschaften sind supramolekulare Materialien mächtige Werkzeuge, um solche Funktionen zu erfüllen. Somit entsprechen sie einer idealen Plattform, um "intelligente" Beschichtungssysteme mit mehreren Komponenten zu entdecken.
Supramolekulare Materialien sind eine breite und vielfältige Materialklasse. Sie sind aus verschiedenen molekularen Bausteinen aufgebaut, die auf unterschiedlichste Weise miteinander kombiniert werden können. Diese Makrobausteine können aus einer Vielzahl von Elementen bestehen wie Kohlenstoff oder diversen Metallen. Manche dieser Bausteine sind dazu in der Lage, metallbasierte Käfigkomplexe zu bilden, die andere chemische Verbindungen in ihrem Inneren einschließen können. Die einzelnen Funktionsbausteine werden durch sogenannte nicht-kovalente Verbindungen zusammengehalten wie beispielsweise Wasserstoffbrückenbindungen oder hydrophobe/elektrostatische Wechselwirkungen. Im Vergleich zu kovalenten Bindungen sind nicht-kovalente Verbindungen wesentlich vielfältiger und potenziell umkehrbar.
"Aufgrund der großen Vielfältigkeit dieser Materialien ist es möglich, eine unfassbar große Anzahl an Komponenten mit unterschiedlichen Eigenschaften zu erzeugen – das macht supramolekulare Materialien zu hervorragenden Werkzeugen für unzählige Anwendungsbereiche", so Prof. Angela Casini, Co-Koordinatorin des Netzwerks und Professorin für Medizinische und Bio-anorganische Chemie. Weiterhin ergänzt sie: "Aber gerade eben weil es so unglaublich viele unterschiedliche Kombinationsmöglichkeiten gibt, ist das Finden des optimalen Materials vergleichbar mit der Suche nach der Nadel im Heuhaufen."
Bei dieser Suche sollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zukünftig durch maschinelles Lernen unterstützt werden. Das Team hat unterschiedliche Pläne, wie Künstliche Intelligenz im Bereich der Materialwissenschaften eingesetzt werden könnte. "Unser Hauptziel ist, Computern beizubringen, die beste Kombination von Molekülen für ganz bestimmte Anwendungen vorherzusagen. Dafür müssen wir aber erst einmal erforschen, wie viele und welche Daten über supramolekulare Materialien den Computern zur Verfügung gestellt werden müssen, um verlässlich Verbindungen vorhersagen zu können", sagt Alessio Gagliardi. Auch könnte Künstliche Intelligenz dafür genutzt werden, atomistische Simulationen für molekulare Eigenschaften zu beschleunigen.
COMPAMED.de; Quelle: Technische Universität München