Die DGIIN betont deshalb wie wichtig es ist, dass dieses hochkomplexe Verfahren durch gut ausgebildete Intensivmediziner und Pflegekräfte durchgeführt wird.
Lungenversagen kann beispielsweise Folge von Lungenerkrankungen wie einer Lungenentzündung sein oder auch bei in der Regel schwerer Entzündungen, wie einer Sepsis auftreten. Dies wiederum kann den Gasaustausch beeinträchtigen. Wenn die Lunge der Patienten nicht mehr in der Lage ist, den Gasaustausch selbst sicherzustellen, ist die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) eine der möglichen Behandlungsoptionen. "Der Unterschied zu anderen künstlichen Beatmungsverfahren ist der, dass das ECMO-Verfahren wie eine externe Lunge funktioniert. Bei der herkömmlichen Beatmung wird Sauerstoff mit Überdruck in die Lunge gepresst. Das kann dazu führen, dass die Lunge überbläht oder sogar bisher noch funktionierende Lungenbereiche geschädigt werden", sagt Prof. Stefan John, Präsident elect der DGIIN.
Bei der ECMO wird dem Patienten kontinuierlich sauerstoffarmes Blut aus einer großen Vene entnommen, meist in der Leiste. Dieses Blut wird dann durch ein Gerät gepumpt, wobei dem Blut über eine Membran Sauerstoff hinzugefügt und Kohlendioxid entfernt wird. Anschließend erhält der Patient das "extrakorporal", also außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereicherte Blut über eine Vene oder eine Arterie zurück. "Da der Gasaustausch hier über eine künstliche Lunge erfolgt, kann sich die Lunge des Patienten besser erholen, da die Beatmung so schonender ist", so Prof. John, Oberarzt und Leiter des Funktionsbereiches Intensivmedizin sowie Leiter des Arbeitskreises Intensivmedizin am Klinikum Nürnberg. Während Beatmung und Nierenersatz heute an jeder Intensivstation zur Routine gehören, sollten ECMO und Herzunterstützungssysteme nach Einschätzung der DGIIN derzeit aber nur an wenigen, großen und erfahrenen Zentren eingesetzt werden. "Bei der Möglichkeit von schwerwiegenden auch tödlichen Komplikationen muss der Einsatz sorgfältig überlegt werden", sagt der Intensivmediziner. Beim Anlegen der Kanülen könne es zu Verletzungen an den Gefäßen kommen. Die Blutverdünnung, die das Verfahren erfordert damit das Blut nicht gerinnt, kann zu lebensbedrohlichen Blutungen führen. "Die Risiken des Verfahrens sind nicht unerheblich, gerade deshalb muss die Entscheidung darüber, ob ein ECMO-Verfahren in Frage kommt, immer individuell entschieden werden", sagt Prof. John.
Die ersten Versuche mit der ECMO führten Mediziner bereits in den 1970er-Jahren durch. Im Jahr 2009 war das schwere Lungenversagen eine häufige Komplikation der Schweinegrippe ("H1N1-Influenza"). Studien belegen, dass die Mortalität von Patienten, die mit einer ECMO behandelt wurden, damals bei etwa 25 bis 40 Prozent unter der sonst erwarteten Mortalität bei Patienten mit einem schwerem Lungenversagen lag.
Seither wird dieses Lungenersatzverfahren auch bei anderen Patienten mit schwerem Lungenversagen immer häufiger verwendet und es hat sich technisch sehr weiterentwickelt. "Innerhalb von wenigen Jahren ist es in den USA und auch in Deutschland zu einem 3- bis 4-fachen Anstieg der ECMO gekommen", erläutert der Experte. Die DGIIN warnt jedoch vor einer unkritischen breiten Anwendung dieses Verfahrens: "Die ECMO muss von gut ausgebildeten Intensivmedizinern und geschultem Intensivpflegepersonal durchgeführt werden". Eine aktuelle, international durchgeführte Studie konnte keinen eindeutigen Überlebensvorteil durch eine ECMO-Therapie gegenüber herkömmlicher Beatmungstherapie bei Patienten mit schwerstem Lungenversagen belegen. "Hier gilt es zunächst die Studienergebnisse zu diskutieren und in weiteren Studien zu prüfen, welche Patienten von Verfahren wie ECMO profitieren", sagt Prof. John.
COMPAMED.de; Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)