Während die Bildung von Polymeren etabliert und gut erforscht ist, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bisher jedoch kaum untersucht, wie Polymerketten wieder abgebaut werden, um die einzelnen Bausteine, die Monomere, zurückzugewinnen. Ein Grund dafür ist, dass der Abbau komplex ist. Es gibt verschiedene Herstellungsverfahren von Polymeren, und diese entscheiden, ob sich ein Polymer überhaupt wieder in seine Einzelteile zerlegen lässt. Zudem braucht es für bisherige Abbau-Verfahren viel Energie, was sie wirtschaftlich unattraktiv macht. Darüber hinaus werden rezyklierte Polymere meistens nur für niederwertigere Produkte verwendet.
Dies möchte Athina Anastasaki, Professorin für Polymere Materialien der ETH Zürich, ändern. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Polymere zu erzeugen, die gut in ihre Bausteine zerlegt werden können, sodass diese vollumfänglich wiederverwertet werden können.
Nun hat die Materialwissenschaftlerin einen ersten wichtigen Schritt in diese Richtung machen können: Soeben ist in der Fachzeitschrift Journal of the American Chemical Society eine Studie ihrer Gruppe erschienen. Darin zeigen Anastasaki und ihre Mitarbeitenden auf, dass sie bestimmte Polymere in ihre Grundbausteine, die Monomere, zerlegen und diese für weitere Anwendungen wiederverwerten können.
Bei den abgebauten Polymeren handelt es sich um Polymethacrylate (z.B. Plexiglas), die mittels einer bestimmten Polymerisationstechnik (Reversible addition-fragmentation chain-transfer polymerisation, RAFT) erzeugt wurden. Diese verhältnismäßig junge Methode, für die sich mittlerweile auch die Industrie interessiert, erzeugt Polymerketten von einheitlicher Länge.
Den Forschenden der ETH Zürich ist es gelungen, bis zu 92 Prozent der Bausteine der Polymethacrylate zurückzugewinnen, und zwar ohne einen Katalysator beizufügen, welcher die Reaktion ermöglichen oder beschleunigen würde. "Es ist denkbar, unsere Methode noch weiterzuentwickeln und einen Katalysator einzusetzen. Damit könnte man die Ausbeute weiter erhöhen", sagt Anastasaki.
Für den Rückbau entscheidend ist die chemische Gruppe, die am Ende einer Polymerkette vorhanden ist. Indem die Forschenden das Polymer-Lösungsmittelgemisch auf 120 Grad Celsius erhitzten, entstanden am Ende einer Polymethacrylat-Kette sogenannte Radikale, welche den Abbau (die Depolymerisation) auslösten. Mitarbeitende der Australischen Nationaluniversität in Canberra konnten die Resultate rechnerisch bestätigen.
Aus den zurückgewonnenen Bausteinen lassen sich gemäss Anastasaki das gleiche Polymer oder ein völlig anderes Produkt, ein unlösliches Hydrogel, das ebenfalls in seine Monomere zerlegbar ist, herstellen. Die neu erzeugten Produkte sind gleichwertig wie das ursprüngliche Produkt. Das steht in Kontrast zu bisherigen Produkten, die aus rezyklierten Polymeren hergestellt wurden.
Die Sache hat aber einen Haken: "Produkte, die mit der RAFT-Polymerisation hergestellt werden, sind teurer als herkömmliche Polymere", sagt Anastasaki. Um diesen Nachteil anzugehen, arbeiten sie und ihre Gruppe bereits daran, die Methode für Anwendungen im großen Maßstab aufzuweiten, was die Methode konkurrenzfähiger und Produkte günstiger werden lässt. Weiter zielen die Forschenden darauf ab, die Ausbeute zu erhöhen und alle Bausteine eines Polymers zurückzugewinnen.
COMPAMED.de; Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)