Geh- und Greifbewegungen von Patienten zu bewerten, ist für die Diagnose und Therapie von Bewegungsstörungen essentiell. Wie gut diese Diagnostik gelingt, hängt von den Fähigkeiten des Arztes ab. Das Projekt "Deep Movement Diagnostics" des Deutschen Primatenzentrums – Leibniz-Institut für Primatenforschung nutzt Erkenntnisse aus maschinellem Lernen und Robotik, um Bewegungsmuster zu beurteilen. "Bewegungsstörungen wie Zittern, Lähmungen oder Störungen der Muskelspannung betreffen viele Patienten, die an Schlaganfällen oder neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson oder Multipler Sklerose leiden.
Das Forscherteam des Projekts "Deep Movement Diagnostics" (von links): Prof. Wilke und Prof. Bähr, beide Universitätsmedizin Göttingen, Prof. Gail, Deutsches Primatenzentrum, Prof. Wörgötter, Universität Göttingen, und Prof. Scherberger, Deutsches Primatenzentrum.
Die Mobilitätseinschränkungen präzise und reproduzierbar zu erfassen, stellt eine große Herausforderung in der Diagnostik und Therapiekontrolle dar, da dies erfahrene Ärzte voraussetzt, die nicht immer vorhanden sind", erläutert der Direktor der Neurologischen Klinik an der Universitätsmedizin Göttingen Mathias Bähr.
Das Projekt "Deep Movement Diagnostics" setzt hier an. Das campusübergreifende Forscherteam um Alexander Gail will modernste Erkenntnisse aus maschinellem Lernen und Robotik nutzen, um Bewegungsmuster objektiv, standardisiert und benutzerfreundlich zu erfassen. "Wir werden unsere Expertise in den Bereichen der Körper- und Augenbewegungen bei Menschen und Affen, der Neurophysiologie und klinischen Neurologie sowie der Prothetik und Robotik bündeln", sagt Alexander Gail.
Mit Hilfe modernster digitaler Methoden sollen Geh- und Greifbewegungen in bislang nicht umsetzbarer Präzision gemessen und modelliert werden, um darauf aufbauend diagnostische Werkzeuge für individualisierte Therapieansätze, beispielsweise bei Parkinson- oder Schlaganfallpatienten, zu ermöglichen. Dabei spielen die Untersuchungen zur Motorik bei Affen eine wichtige Rolle, sie sind die Grundlage für die spätere Anwendung am Menschen. "Unser Ziel ist es, ein preiswertes, leicht zu bedienendes System zu entwickeln, das flächendeckend zur Diagnose und Therapiekontrolle bei Bewegungsstörungen eingesetzt werden kann", sagt Projektleiter Alexander Gail.
"Leichte Anwendbarkeit und geringer Aufwand für die Durchführung der Untersuchungen sind wichtige Faktoren, um die Akzeptanz bei den Patienten zu erhöhen", sagt Melanie Wilke, Direktorin des Instituts für Kognitive Neurologie. "Wir versprechen uns von den neuen videobasierten Methoden einen qualitativen Sprung gegenüber den derzeitigen klinischen Untersuchungstechniken."
Neben der reinen Diagnostik will das Forscherteam komplexe Bewegungsabläufe bei gesunden Probanden und bei Affen untersuchen, um so die neurophysiologischen Grundlagen von Bewegungsstörungen besser zu verstehen.
COMPAMED.de; Quelle: Deutsches Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung (DPZ)