Spritzguss ist eine der weitverbreitetsten Methode für die Massenproduktion von Objekten. Im Wesentlichen werden zwei oder mehr Teile einer Gussform zusammengefügt, wobei die Form des gewünschten Objekts frei bleibt. Während der Herstellung wird eine Flüssigkeit in diesen Hohlraum eingebracht, die dann aushärtet. Sobald sich die Flüssigkeit verfestigt hat, werden die Teile der Form entfernt, und das fertige Objekt bleibt zurück. Während der Prozess an sich konzeptionell einfach ist, ist das Design der Gussform extrem schwierig, und eine Vielzahl von Gesichtspunkten müssen beachtet werden.
Bei der Massenfertigung werden die hohen Kosten des anfänglichen Formentwurfs durch die niedrigen Produktionskosten pro Exemplar kompensiert. Für einen Designer, der nur kleine Mengen produzieren lässt, oder für einen Laien, der mit Spritzgussformen experimentieren möchte, ist es jedoch nicht möglich, einen professionellen Gussformentwickler zu beauftragen oder die Formen ohne Hilfe zu kreieren. Auch das 3D-Drucken der gewünschten Anzahl von Objekten wäre viel zu zeit- und ressourcenintensiv.
„CoreCavity“ bietet eine Lösung dieses Problems an, denn das neue interaktive Design-Tool ermöglicht es den Nutzern, Formen für die Erstellung hohler, frei geformter Objekte schnell und einfach zu entwerfen. Die Software eröffnet Möglichkeiten für kleine Unternehmen und Amateure. Auf der Basis einer 3D-Darstellung analysiert die Software das Objekt und erstellt eine dünne Hülle, die im Wesentlichen eine hohle Version des Objekts ist. Dabei werden kleine Lücken als solide betrachtet, was eine weitere Innovation darstellt. Die Software schlägt dann eine Zerlegung des Objekts in Einzelteile vor, von denen jedes in einer eigenen Gussform erzeugt wird. Auch ist das Programm in der Lage, geringfügige Änderungen am ursprünglichen Design vorzuschlagen, beispielsweise um kleine Haken zu beseitigen, die das Herauslösen aus der Form erschweren könnten. "Bisherige Tools konnten solche Änderungen nicht vorschlagen", sagt Thomas Auzinger, Postdoc am IST Austria. Der Benutzer kann die Zerteilung einfach durch Anklicken anpassen und alle vorgeschlagenen Änderungen akzeptieren oder ablehnen. Ist der Benutzer zufrieden, erstellt die Software automatisch die Formvorlagen, die dann 3D-gedruckt werden und für das Gießen bereitstehen.
Die vom Design-Tool vorgeschlagenen Zerlegungen sind oft überraschend: "Der Computer ist in der Lage, Lösungen zu finden die erst auf den zweiten Blick intuitiv sind", sagt Bernd Bickel, Professor am IST Austria. "Die beiden Hälften des Hasen haben zum Beispiel eine geschwungene, komplizierte Verbindung - für einen Menschen wäre es extrem schwer gewesen, auf diese Lösung zu kommen." Sowohl Designer in der Industrie als auch bisherige Designprogramme setzen im Allgemeinen auf gerade Schnitte durch das Objekt. In der Praxis führt dies oft zu einer größeren Anzahl von Einzelteilen sowie zu „unnatürlichen" Unterteilungen. "Das Software-Tool könnte auch in der Industrie sehr nützlich sein - es würde nahtlos in den Produktionsprozess passen", fügt Bickel hinzu.
Die Forscher haben bereits einige ihrer Formen in einer Spritzgussfabrik in der Nähe von Linz getestet. "Die Fabrikmitarbeiter waren überrascht, wie einfach es war, die fertigen Objekte zu entnehmen und wie langlebig die 3D-gedruckten Formen waren. Auch nach der Herstellung von hundert Objekten funktionierten die Formen noch ", sagt Auzinger. Dennoch hat das Team bereits weitere Verbesserungen im Sinn. Eine Idee ist die Einbeziehung von Verbindungselementen, die zusammenschnappen, um das Zusammenfügen der Einzelteile zu erleichtern.
COMPAMED.de; Quelle: Institute of Science and Technology Austria