Um die Prothesen zu verbessern, kann man die Daten der myoelektrischen Signale mit Daten aus anderen Informationsquellen verknüpfen. Diesen Ansatz verfolgt Henning Müller, Professor für Wirtschaftsinformatik, dank dessen Arbeit eine frei zugängliche Forschungsdatenbank entstanden ist, die insbesondere die Augenbewegungen verfolgt und das maschinelle Sehen integriert. Die Ergebnisse seiner vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten Forschung wurden kürzlich in Nature Scientific Data veröffentlicht.
"Unsere Augen sind in ständiger Bewegung. Wollen wir aber nach einem Gegenstand greifen, fixieren wir diesen für die Dauer einiger hundert Millisekunden. Die Blickverfolgung liefert daher wertvolle Informationen über die Wahrnehmung eines Gegenstands, nach dem eine Person greift und über die dazu nötige Bewegung," erklärt Müller
Außerdem bleibt das Sehen intakt, im Gegensatz zu den Muskeln der amputierten Extremität, die verkümmern und das myoelektrische Signal ändern. In Kombination mit der Blickverfolgung kann auch das maschinelle Sehen – die computergesteuerte Erkennung von Gegenständen im Sichtfeld – für die Teilautomatisierung von Handprothesen genutzt werden.
Die typischen Bewegungen einer Hand sollten den Daten zugeordnet werden, die von den Muskeln des amputierten Unterarms und von den zusätzlichen Informationsquellen geliefert werden. Deswegen hat der Wissenschaftler einen Versuchsaufbau mit 45 Personen entwickelt: 15 Menschen mit amputierter Hand und eine Kontrollgruppe von 30 Personen mit ansonsten ähnlichen Merkmalen.
Bei allen Teilnehmenden wurden 12 Elektroden am Unterarm sowie Sensoren an Arm und Kopf befestigt. Sie trugen zudem Spezialbrillen, die ihre Augenbewegungen registrierten. Die Testpersonen führten zehn typische Handbewegungen aus. Mithilfe der Computermodellierung dieser Bewegungen konnte Henning Müller eine neue, multimodale Datenbank für Handbewegungen erstellen. Sie beinhaltet nicht nur die von den Elektroden erfassten Daten, sondern auch Informationen über die Bewegungsgeschwindigkeit des Unterarms, die Augenbewegungen, das maschinelle Sehen und die Kopfbewegungen.
COMPAMED.de; Quelle: Schweizerischer Nationalfonds