Kunststoffe sind für vielfältige Anwendungen eine gefragte Alternative zu Glas oder Metall. Zur Herstellung hochwertiger Konstruktionsbauteile spielen Polyamide eine wichtige Rolle, da sie nicht nur schlag- und abriebfest, sondern auch stabil gegenüber vielen Chemikalien und Lösungsmitteln sind. Polyamide werden bisher vorwiegend aus Erdöl hergestellt.
Eine nachhaltige Alternative, um neue Hochleistungskunststoffe aus den in harzreichem Holz vorkommenden Terpenen herzustellen, untersucht das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB. Die Naturstoffe finden sich vor allem in Nadelhölzern wie Kiefern, Lärchen oder Fichten. Bei der Herstellung von Zellstoff, bei der Holz zur Abtrennung der Zellulosefasern aufgeschlossen wird, fallen die Terpene in großen Mengen als Nebenprodukt an, dem Terpentinöl.
Im Verbundvorhaben "TerPa – Terpene als Bausteine für biobasierte Polyamide" ist es Forschenden am Straubinger Institutsteil BioCat des Fraunhofer IGB nun gelungen, die Synthese von Lactamen aus dem Terpen 3-Caren zu optimieren und in ein für den Industriemaßstab skalierbares, wettbewerbsfähiges Verfahren zu überführen. Lactame sind die Bausteine, aus denen sich dann Polyamide polymerisieren lassen. Bereits zuvor hatten die Straubinger Experten gezeigt, dass sich Terpene wie α-Pinen, Limonen und 3-Caren als Rohstoffe für die Synthese von biobasierten Lactamen eignen.
Für die Umsetzung von 3-Caren zum entsprechenden Lactam sind vier aufeinanderfolgende chemische Reaktionen erforderlich. Das Besondere an der zum Patent angemeldeten Straubinger Lösung: Die Umsetzungen können als "One-Pot-Reaktionssequenz« im gleichen Reaktor stattfinden – ohne die jeweiligen Zwischenprodukte nach jedem Schritt aufwendig aufreinigen oder umfüllen zu müssen. "Dies ist uns durch eine geschickte Wahl der Katalysatoren und Reaktionsbedingungen gelungen und spart Zeit und Kosten", erläutert Paul Stockmann, der das vielversprechende Verfahren entwickelt und optimiert hat.
"Bereits im Labormaßstab erhalten wir mit unserem Verfahren pro Ansatz über 100 Gramm diastereomerenreines Lactam-Monomer. Diese Menge reicht für erste Untersuchungen zur Herstellung und Bewertung der neuen Kunststoffe vollkommen aus«, so Stockmann. Weiterer Vorteil: Für die Synthese des Lactams sind weder giftige noch umweltgefährdende Chemikalien erforderlich.
Aufgrund der speziellen chemischen Struktur von 3-Caren hemmen die Seitenketten der Lactam-Monomere während der Polymerisierung eine mögliche Kristallisation. "Unsere biobasierten Polymere sind daher vorwiegend ›amorph‹ und damit erstmals transparent", sagt Dr. Harald Strittmatter, der das Projekt am Straubinger Institutsteil BioCat leitet.
Damit eignen sich die neuen Polyamide als Schutzschild, beispielsweise in Visieren oder Skibrillen, und lassen sich zudem mit wesentlich weniger Energieaufwand herstellen als auf Erdöl basierende transparente Polyamide. Im Gegensatz zu anderen Biokunststoffen, die vorwiegend aus Mais-, Weizen- oder Kartoffelstärke hergestellt werden, konkurriert das biobasierte Polyamid auch nicht mit der Nahrungsmittelproduktion. Vielmehr führt es einen Abfallstrom, der bislang in erster Linie thermisch genutzt und verbrannt wird, einer stärker wertschöpfenden Nutzung zu.
Weiterer Pluspunkt: Die neuen biobasierten Polyamide weisen auch exzellente thermische Eigenschaften auf. "Der Glasübergangspunkt unserer Polyamide liegt bei 110 °C. Sie lassen sich daher auch dort einsetzen, wo dauerhaft hohe Temperaturen herrschen, beispielsweise als Bauteile im Motorraum von Kraftfahrzeugen", so Strittmatter.
COMPAMED.de; Quelle: Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB)