Die Europäische Union hat ein "Flagship" zur Quantentechnologie ins Leben gerufen, um Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen in der Quantentechnologie europaweit zu fördern. Sie wird dafür in den kommenden zehn Jahren insgesamt eine Milliarde Euro investieren.
Eine segmentierte Ionenfalle, um in Ionen gespeicherte Quantenbits für Quantenoperationen nutzbar zu machen: Die Falle besteht aus Gold-beschichteter Keramik und die Segmente im Zentrum haben eine Größe von nur 0,2 Millimeter.
Flagships sind große, interdisziplinär angelegte europäische Forschungsinitiativen. In der Wiener Hofburg hat die Europäische Kommission am 29. Oktober 2018 den Startschuss für die Flagship-Initiative und die einzelnen Projekte gegeben, die in einem hochkompetitiven Auswahlprozess begutachtet worden sind. Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist an zwei dieser Projekte beteiligt und erhält hierfür eine Förderung von rund 1,4 Millionen Euro.
Bei der Quantentechnologie handelt es sich um ein vergleichsweise junges Gebiet, bei dem die unerwarteten Phänomene der Quantenmechanik - begründet vor mehr als 100 Jahren durch den deutschen Forscher Max Planck - für technologische Anwendungen nutzbar gemacht werden. Dabei werden einzelne Atome, Ionen, Festkörper und Lichtquanten kontrolliert. Eine erste Quantenrevolution hatte den Weg für anwendungsrelevante Technologien wie Transistoren und Laser geebnet. Nun starten Forscherverbände auf dem Weg in eine zweite Quantenrevolution. Die Flagship-Initiative soll dazu beitragen, dass Europa bei dieser zweiten Quantenrevolution in vorderster Reihe steht. Langfristig ist ein weites Spektrum von Anwendungen geplant, das leistungsfähige Quantenrechner und Quantensimulatoren, neuartige Quantensensoren und ein abhörsicheres Quanten-Internet umfasst.
Die Gruppe um Prof. Ferdinand Schmidt-Kaler von QUANTUM am Institut für Physik der JGU beteiligt sich am Bau eines Quantenrechners auf der Basis gefangener Ionenkristalle. Ein solcher Rechner könnte unter Nutzung von quantenmechanischen Eigenschaften wie Superposition und Verschränkung - so die Erwartungen - mathematische Probleme lösen, die selbst auf dem mächtigsten herkömmlichen Super-Computer nicht bewältigt werden können, denn die Rechenleistung eines Quantenprozessors steigt exponentiell mit der Zahl der Qubits. Basierend auf den Vorarbeiten mit kleineren Quantenprozessoren von weniger als 10 Quantenbits wird die Entwicklung eines Prototyps mit 50 bis 100 Quantenbits angestrebt. Das EU-Projekt "Advanced Quantum Computing with Trapped Ions" oder kurz AQTION wird mit insgesamt etwa 10 Millionen Euro gefördert, umfasst acht europäische Forschungsgruppen und Industriepartner und wird von der Universität Innsbruck koordiniert.
Mit Beteiligung der Arbeitsgruppe um Prof. Dmitry Budker, ebenfalls bei QUANTUM am Institut für Physik angesiedelt, hat sich ein weiteres Flagship-Projekt das Ziel gesetzt, Quantenmesstechniken zu etablieren, die auf Stickstoff-Fehlstellen in ultrareinen Diamanten beruhen. Dies kann in vielen Bereichen für Technologie und Wirtschaft nutzbare Lösungen bringen, beispielsweise für hochempfindliche Detektoren in medizinischen Anwendungen wie der Kernspin-Tomographie oder zur Früherkennung von Krankheiten als Lab-on-the-Chip oder auch für neuartige Sonden zur Temperaturmessung im Inneren einer Zelle. Basierend auf Quanteneffekten strebt das Projekt "Advancing Science and Technology through Diamond Quantum Sensing", kurz ASTERIQS, dabei eine wesentlich verbesserte Sensitivität und Genauigkeit in der Diagnostik und Messtechnik an. Die Arbeiten werden mit knapp 10 Millionen Euro gefördert. Koordiniert werden 23 europäische Forschergruppen von der französischen Thales Group.